De Orgelvriend

Aus „De Orgelvriend“ (NL), 1/2023

Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Diese CD der deutschen Organistin Angela Metzger ist in jeder Hinsicht ein Hit. Ein anspruchsvolles Programm, in dem sich alte und neue Musik in vielfältiger Weise berühren, sublim dargeboten auf einer schönen Orgel in einem gut klingenden Raum.
Neben einer Reihe von “Klassikern” der Alten Musik hat Angela Metzger drei zeitgenössische Kompositionen ausgewählt, die sich auf je eigene Weise an Vorbilder aus der Vergangenheit anlehnen und sich hervorragend für alte oder neue, nach historischen Vorbildern gebaute Orgeln eignen.

Franz Danksagmüller (*1969) – der wie Buxtehude in Lübeck arbeitet – ließ sich für das Titelstück Circuli von dem Triptychon Der Garten der Lüste von “unserem” Hieronymus Bosch (1450-1516) inspirieren. Auf der rechten Tafel hat Bosch die so genannte “Musikerhölle” dargestellt, einen Ort, an dem zerbrochene oder verzerrte Musikinstrumente nur dazu dienen, die Ohren zu quälen. Danksagmüller gibt diesem surrealen Bild eine solide technische Form, indem er nicht zulässt, dass Registerknöpfe ganz herausgezogen werden. Weil der Organist dabei eine gewisse Freiheit hat, wird er zu einer Art Sounddesigner.
Der Titel Circuli verweist auf Boschs Glauben an die zyklische Wiedergeburt: Eine im irdischen Leben gefangene Seele wird ebenso oft wiedergeboren, bis sie geistig vollständig befreit ist.
Metzgers Wahl, Bachs magistrales Vater unser danach zu programmieren, ist ein goldener Griff – es führt uns von der Hölle in den Himmel.

Bernard Foccroulle (*1953) schrieb seine farbenfrohe Toccata 2001 für die Einweihung der Freytag/Tricoteaux-Orgel in Béthune, Frankreich, einem Instrument nach dem Vorbild des norddeutschen Barocks. Das Werk bezieht sich an verschiedenen Stellen auf Buxtehude und seinen “stylus phantasticus”, ist aber in einer zeitgenössischen Tonsprache geschrieben.
Das dritte zeitgenössische Werk stammt von Daniel Glaus (*1957). Der Schweizer Organist und Komponist selbst übersetzt den Titel Toccatacet mit “in der Stille berührend” oder “von der Stille berührt”. Die sieben kurzen Verse aus dem Jahr 1986 bestehen daher größtenteils aus Momenten der Stille. Der Spieler kann sein eigenes Tempo wählen, je nach dem, wo er spielt. Fesselnde Musik!

Angela Metzger fühlt sich in diesem zeitgenössischen Repertoire hörbar zu Hause, spielt aber auch Werke von Buxtehude, Bach und Scheidt sehr überzeugend. Die 2009 von der Orgelmakerij Reil für die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Rosenheim (Bayern) neu gebaute Orgel nach historischen Vorbildern, die in ihrer ganzen Strenge prächtig ist, hat alles für die auf dieser CD erklingende Musik.

Das gut lesbare Booklet ist mit Werken der deutschen Künstlerin Susanne Immer bebildert, die auch den Zusammenhang zwischen diesen Kunstwerken und dem Musikprogramm erläutern.
Auf dem YouTube-Kanal von Angela Metzger gibt es einen Trailer und ein Video, in dem die Organistin diese lobenswerte Veröffentlichung erläutert.

Joost van Beek

 

„De Orgelvriend“ (NL), 1/2023